Welche Fehlerkultur herrscht bei euch zu Hause? Jedem Menschen passieren Fehler – manche stehen dazu, andere nicht. Manche versuchen Fehler zu vertuschen und um jeden Preis “unentdeckt” zu bleiben. Andere geben Fehler offen zu und wollen daraus lernen. Wahrscheinlich geht es auch um die Art des Fehlers, der passiert ist und wir reagieren bei jedem Fehler anders.
Sind Fehler wichtig? Ja, das sind sie. Denn aus Fehlern können wir lernen. Einer meiner Mentoren hat einmal gesagt: “Solange du mehr als 50 % deiner Entscheidungen richtig triffst, ist alles okay.”
Und ich gebe es zu. Ich hasse es, wenn mir Fehler passieren. Bevor ich Kinder bekommen habe, war ich Führungskraft in einem Unternehmen. Dort war ich unter anderem auch für große Auswertungen zuständig. Ich saß wochenlang an meinem Schreibtisch vor Excel-Tabellen und habe diese eine große Auswertung für dieses eine große Meeting vorbereitet. Mein Chef machte mir immer wieder klar, wie wichtig diese Auswertung ist und dass darauf die gesamte Strategie des Unternehmens aufgebaut wird. Ich habe mein Bestes gegeben, unzählige Überstunden gemacht und wollte einfach die perfekte Auswertung machen. Ungefähr 3 Tage vor dem Meeting bin ich das Ergebnis nochmal mit meinen Kollegen durchgegangen. Wir haben gemeinsam nochmal alles kontrolliert und die Zahlen haben gepasst. Ich war stolz, weil ich diese Auswertung geschafft hatte und ging mit einem guten Gefühl (und trotzdem nervös) in dieses Meeting. Ich kann mich noch erinnern als wäre es gestern gewesen: Am Tag des Meetings mit Geschäftsführern und allen sonstigen Führungskräften des Unternehmens waren wir in einem angemieteten Seminarraum. Wir wollten die Strategie für das kommende Jahr besprechen und wir machten uns auf anstrengende Tage gefasst. Nach ungefähr 2 Stunden wurde meine Auswertung das erste Mal mittels Beamer auf die Leinwand projiziert. Ich erklärte die einzelnen Zahlen und die Berechnungen. Plötzlich unterbrach mich mein Chef und sagte: “Wie kommst du auf die Zahl da unten, die orange hinterlegte? Die stimmt nicht.” Ich schaute hin und überlegte und da fiel mir der Fehler auf. Ich bekam einen Schweißausbruch, mein Körper begann zu zittern und ich wusste: ich habs verbockt. Mir ist ein riesen Fehler passiert. Mein Chef – ansonsten eher Typ cholerischer Narzisst – hatte offenbar einen guten Tag. Er schaute mich an, sagte: “Wie lang brauchst du bis du den Fehler ausgebessert hast? Wir gehen solange einen Kaffee trinken.”
Da war kein Vorwurf, kein Ärger, Nichts. Er wusste, wie sehr ich mich bemüht hatte und er wusste, dass Fehler passieren können.
Ich habe aus diesem Verhalten so viel gelernt. Es ist okay, wenn Fehler passieren. Davon geht die Welt nicht unter. Und seitdem versuche ich zwar noch immer fehlerfrei durchs Leben zu gehen (haha), wenn mir dann doch einmal ein Fehler passiert, dann gebe ich diesen offen zu. Das mache ich vor meinem Partner so, genauso wie vor unseren Kindern.
Während mein Partner und ich uns erst erarbeiten mussten, dass wir die Fehler vom Anderen akzeptieren und uns deswegen keine Vorwürfe machen, fällt es mir bei unseren Kindern von Anfang an sehr leicht.
Ich weiß welche unangenehmes Gefühl es sein kann, wenn mir ein Fehler passiert und ich werde dafür mit einem genervten Blick bedacht oder es wird über mich gelacht. Dieses Gefühl will ich für unsere Kinder nicht. Und so kommt es, dass das 3 jährige Kind ganz offen zugeben kann, wenn ihm ein Fehler passiert ist. “Das habe ich jetzt falsch gemacht” “Das war blöd von mir” – das sind Sätze, die wir regelmäßig hören. Dann kommt der nächste Versuch, denn lernen können unsere Kinder nur so. Durch Fehler und nochmal probieren. Und wenn wir das auf einer wertschätzenden Basis machen, dann können sich unsere Kinder gut entwickeln und haben nicht nach dem ersten Versuch ein ungutes Gefühl und wollen es erst gar nicht nochmal versuchen.